Die AHV in der Schweiz – das solltest du als Selbständige:r wissen
Ein Überblick über das Drei-Säulen-System mit Fokus auf die AHV und die Altersvorsorge für Selbständige in der Schweiz
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Wenn du selbständig bist – sei es als Freelancer:in, Berater:in, Handwerker:in oder weil du dein eigenes kleines Unternehmen führst – dann hast du dir vielleicht auch schon einmal die Frage gestellt: Wie funktioniert das eigentlich genau mit der AHV (Alters- und Hinterlassenenversicherung) in der Schweiz? Gehört haben die meisten schon ein paar Dinge, sind sich aber nicht sicher genug im Bezug auf die eigene Vorsorgesituation. Und vor allem: Was muss ich als Selbständige:r beachten?
Genau darüber schreiben wir in diesem Beitrag. Denn im Vergleich zu den Angestellten läuft das Thema Sozialversicherungen für Selbständige ein wenig anders. Und um es gleich vorweg zu nehmen: Die AHV einfach zu ignorieren wäre keine gute Idee. Wieso? Weil sie auch für Selbständige obligatorisch ist – und weil sie ein wichtiger Baustein deiner Altersvorsorge ist.
Das Schweizer Drei-Säulen-System – kurz erklärt
Bevor wir tiefer eintauchen, findest du hier ein kurzer Überblick über das System der Altersvorsorge in der Schweiz, das sogenannte Drei-Säulen-Prinzip in vereinfachter Darstellung:
1. Säule: Staatliche Vorsorge
➡️ AHV (Alters- und Hinterlassenenversicherung), IV (Invalidenversicherung) und EO (Erwerbsersatzordnung)
➡️ Ziel: Existenzsicherung im Alter, bei Invalidität oder für Hinterlassene2. Säule: Berufliche Vorsorge
➡️ Pensionskasse (BVG, berufliche Vorsorge)
➡️ Ziel: Sicherung des gewohnten Lebensstandards zusätzlich zur AHV
➡️ Für Selbständige freiwillig (dazu später mehr)3. Säule: Private Vorsorge
➡️ Säule 3a (gebundene Vorsorge) und Säule 3b (freie Vorsorge)
➡️ Ziel: Individuelle Ergänzung, steuerlich begünstigt (v.a. 3a)
In diesem Beitrag konzentrieren wir uns auf die 1. Säule und was sie für Selbständige bedeutet.
Wer gilt in der Schweiz als selbständig erwerbend?
Es reicht nicht, einfach Rechnungen zu schreiben oder zu sagen: ‚Ich bin jetzt selbständig.‘ Die AHV prüft genau, ob du die Kriterien für die Selbständigkeit wirklich erfüllst – und davon hängt ab, wie du versichert bist und welche Beiträge du bezahlen musst.
Die AHV-Ausgleichskassen beurteilen anhand den nachfolgenden typischen Kriterien, ob jemand selbständig erwerbend ist oder eben nicht:
Arbeiten auf eigene Rechnung und eigenes Risiko
Eigene Betriebsorganisation (z.B. eigenes Büro, eigener Webauftritt)
Mehrere Auftraggeber:innen (!)
Kein Weisungsrecht Dritter bezüglich Arbeitszeit, -ort oder -weise
Verwendung von eigenem Material / Werkzeug
Die Anmeldung als Selbständige:r erfolgt über die zuständige AHV-Ausgleichskasse (z.B. SVA Zürich). Die Kasse prüft dein Gesuch und stellt dir bei Anerkennung eine Bestätigung als selbständig erwerbende Person aus.
⚠️ Achtung: Wenn du hauptsächlich für einen einzigen Auftraggeber arbeitest und keine eigene Infrastruktur hast, könnte es sein, dass du trotz „Selbständigkeitsgefühl“ als unselbständig (also angestellt) giltst. Das hat Auswirkungen auf die Beitragspflicht.
AHV-Beitragspflicht für Selbständige: So funktioniert es
Als Selbständige:r bist du verpflichtet, Beiträge an folgende Sozialversicherungen zu zahlen:
AHV (Alters- und Hinterlassenenversicherung)
IV (Invalidenversicherung)
EO (Erwerbsersatzordnung, z.B. Mutterschaftsentschädigung)
Familienzulagen (je nach Kanton)
Der Beitragssatz beträgt grundlegend aktuell 10% (Stand 2025), verteilt auf:
8.1% für AHV
1.4% für IV
0.5% für EO
(ABER: für niedrige Einkommen gibt es eine sinkende Beitragsskala, bei der tiefere Beiträge erhoben werden.)
👉🏼 Wichtig: Im Gegensatz zu Angestellten zahlst du als Selbständige:r die vollen Beiträge selbst. Bei Angestellten übernimmt der Arbeitgeber die Hälfte.
Die Bemessungsgrundlage ist dein Nettoerwerbseinkommen (nach Abzug der geschäftsnotwendigen Kosten). Die Beiträge werden progressiv angepasst, wenn das Einkommen unter CHF 60’500 liegt.
Der Mindestbeitrag beträgt aktuell CHF 530.– pro Jahr.
So meldest du dich korrekt bei der AHV an
Wenn du gerade in die Selbstständigkeit gestartet bist, musst du dich innerhalb von drei Monaten bei der Ausgleichskasse deines Wohnsitzkantons anmelden. Lässt du dich im Handelsregister eintragen, wirst du in der Regel von der Ausgleichskasse angeschrieben. Du benötigst:
Anmeldung als Selbständige:r (Formular der Ausgleichskasse)
Nachweis deiner Tätigkeit (z.B. Rechnungen, Verträge, Website, Werbung, Mietvertrag für Büro, falls vorhanden)
Allenfalls Businessplan oder Skizze deines Geschäftsmodells
Nach der Prüfung wird dir der AHV-Status bestätigt und die voraussichtlichen Akontozahlungen berechnet.
💡 Praxisbeispiel:
Julia startet als Yogalehrerin mit eigenen Kursen und Einzelcoachings. Die AHV verlangt Nachweise (Webseite, Flyer, Mietvertrag Yogaraum) und bestätigt ihre Selbständigkeit. Sie zahlt Beiträge basierend auf ihrem Gewinn abzüglich Raummiete, Werbekosten etc.
Was passiert, wenn du dich nicht anmeldest?
Falls du dich nicht rechtzeitig bei der AHV meldest, drohen:
Nachzahlungen für die versäumten Beiträge (plus Verzugszinsen)
Eventuell auch eine Busse
Fehlende Beitragsjahre können zu Lücken in deiner Altersrente führen
Gerade das Thema Beitragslücken ist heikel, da es deine spätere AHV-Rente reduziert. Es lohnt sich also, dieses Thema von Anfang an sauber zu regeln.
Wie hoch ist die AHV-Rente für Selbständige?
Die AHV-Altersrente hängt ab von:
der Anzahl deiner Beitragsjahre
und dem durchschnittlichen Jahreseinkommen
Die volle Altersrente bekommst du nur, wenn du lückenlos Beiträge ab dem 21. Altersjahr bis zum Rentenalter (64 Jahre für Frauen, 65 Jahre für Männer) einbezahlt hast.
👉🏼 Aktuell (2025) beträgt die monatliche AHV-Rente:
mindestens CHF 1’225.–
maximal CHF 2’450.–
Falls du Lücken hast oder das Einkommen tief war, reduziert sich die Rente entsprechend.
Praxisbeispiel:
Daniel arbeitet 20 Jahre lang selbständig und zahlt jedes Jahr korrekt seine AHV-Beiträge auf ein Einkommen von CHF 40’000.–. Er erreicht dadurch in seinem Fall rund 80% der vollen Rente. Hätte er zwischendurch Beitragslücken, wäre die Rente deutlich tiefer.
💡 Tipp aus der Praxis:
Bestelle regelmässig deinen IK-Auszug bei deiner Ausgleichskasse. Hier findest du eine persönliche Übersicht über deine geleisteten Beiträge und siehst, wo du stehst.
Selbständig und Nebenerwerb – was gilt?
Viele Selbständige starten nebenberuflich – vielleicht arbeitest auch du zu 60% in einem unselbstständigen Arbeitsverhältnis und machst dein eigenes Projekt nebenbei.
Hier gilt:
Für den angestellten Teil zahlt dein Arbeitgeber AHV/IV/EO auf deinem Lohn.
Für den selbständigen Teil musst du zusätzlich Beiträge auf deinem Gewinn aus selbständiger Tätigkeit zahlen.
Es gibt keinen Freibetrag „weil ja schon Angestelltenbeiträge bezahlt wurden“. Das wird von den Ausgleichskassen separat berechnet.
Eine längere Auszeit ohne Einkommen – und jetzt?
Gerade wenn du als Selbständige:r eine bewusste Auszeit nimmst – sei es für Reisen, Weiterbildung oder eine familiäre Pause – stellst du dir vielleicht die Frage: Muss ich während dieser Zeit weiterhin AHV-Beiträge zahlen? Grundsätzlich: Wenn du kein Erwerbseinkommen erzielst, musst du dich als nichterwerbstätige Person bei der AHV anmelden und den sogenannten Mindestbeitrag bezahlen (aktuell CHF 530.– pro Jahr, Stand 2025). So vermeidest du Beitragslücken, die später deine Rente reduzieren könnten.
Solltest du während der Auszeit gar keine Beiträge zahlen, entsteht eine Lücke, die du innerhalb von fünf Jahren nachzahlen kannst. Nach Ablauf dieser Frist ist eine Nachzahlung grundsätzlich nicht mehr möglich – und die Lücke bleibt dauerhaft bestehen.
👉🏼Neu kannst du allerdings auch nach Erreichen des Referenzalters (65 Jahre) frühere Beitragslücken schliessen: Dank der Reform AHV 21 hast du die Möglichkeit, Beiträge für maximal fünf fehlende Jahre nachzuzahlen, wenn du nachweisen kannst, dass die Lücken unverschuldet entstanden sind (zum Beispiel wegen Krankheit oder Studium). Dafür hast du nach Erreichen des Referenzalters ein Jahr Zeit. Es lohnt sich also, Auszeiten gut zu planen und entstandene Lücken frühzeitig zu prüfen.
2. Säule: Freiwillige Pensionskasse für Selbständige
Als Selbständige:r bist du nicht obligatorisch BVG-versichert. Du kannst dich aber freiwillig einer Pensionskasse anschliessen, wenn:
du Angestellte beschäftigst (dann musst du sowieso)
oder wenn du dich einer speziellen Sammelstiftung für Selbständige anschliessen möchtest (z.B. Fondation 2e pilier, GastroSocial, etc.)
Das lohnt sich besonders, wenn dein Einkommen stabil und hoch genug ist, um auch in die zweite Säule einzuzahlen – und natürlich wenn dir die 1. Säule für deine Altersvorsorge nicht ausreicht.
💡 Tipp aus der Praxis:
Viele Selbständige kombinieren die freiwillige BVG-Lösung mit Einzahlungen in die Säule 3a, um die Steuerbelastung zu optimieren und gleichzeitig fürs Alter vorzusorgen.
Säule 3a: Unverzichtbar für Selbständige
Weil die AHV allein in der Regel nicht reicht und die 2. Säule oft fehlt, ist die Säule 3a für Selbständige besonders wichtig.
Maximalbetrag 2025 ohne Pensionskassenanschluss: 20% ihres Erwerbseinkommens, maximal aber CHF 36'288.-
Bei BVG-Anschluss: CHF 7’258.–
Diese Beiträge kannst du in deiner Steuererklärung voll vom Einkommen abziehen – ein starker Hebel zur Steueroptimierung und Altersvorsorge zugleich.
Beispiel:
Mira ist selbständige Grafikerin ohne BVG-Anschluss. Sie zahlt jährlich CHF 15’000.– in die Säule 3a ein und reduziert dadurch ihr steuerbares Einkommen um diesen Betrag. Gleichzeitig sorgt sie für ihr Alter vor.
Fazit: AHV für Selbständige – Pflicht und Chance zugleich
Gerade als Selbständige:r solltest du deine Sozialversicherung und Vorsorge aktiv gestalten. Während bei Angestellten vieles automatisch läuft, braucht es bei Selbständigen Eigeninitiative und Planung. Achte besonders auf folgende Punkte:
Melde deine Selbständigkeit korrekt bei der AHV an
Zahle regelmässig deine Beiträge – auch bei kleinem Einkommen
Prüfe, ob eine freiwillige BVG-Lösung Sinn macht
Nutze die Säule 3a konsequent als Vorsorge- und Steuerinstrument
Ich hoffe, dieser Beitrag konnte dir einen guten Überblick geben und dich ermutigen, das Thema Altersvorsorge aktiv anzugehen. Wenn du Fragen hast oder eigene Erfahrungen teilen möchtest, freue ich mich auf einen spannenden Austausch.
PS: Ich freue mich immer über ein Feedback zum Beitrag oder Anregungen und Ergänzungen.